Susan Hastings "Liebe kommt oft unerwartet", Leseprobe
Das Gefühl, als er mich in den Arm nahm, ließ mich schweben. Tief sog ich seinen Duft ein. Es war das bekannte After Shave, aber es war auch noch etwas anderes. Es war er selbst, seine Aura, die mich gefangen nahm. Einen Moment schloss ich beglückt die Augen. Ich fühlte mich am Ende meiner Sehnsucht, ich war angekommen. Die Welt versank im Nichts, wir beide befanden uns auf dem Olymp. Was war da schon der "Playboy"?
Wir berührten uns, meine rechte Hand in seiner Linken, seine Rechte auf meinem Rücken. Ganz heiß wurde es an dieser Stelle. Ich fügte mich wie eine Feder in die Bewegung, mein Körper glitt sacht gegen seinen. Im Bauch kreiste eine ganze Fliegerstaffel.
Ich hob mein Gesicht ihm entgegen, während er den Kopf abwandte. Er hielt mich fester, wohl weil ich vor Glück taumelte.
"Ein schönes Fest", sagte ich, weil ich irgendetwas sagen wollte. Schließlich brauchte ich ein kleines Vorwort, um zum Kern zu kommen.
"Freut mich, wenn es Ihnen gefällt. Aber jetzt muss ich wirklich..."
"Nein, bitte nicht!" Ich fasste ihn fester. Meine Hand auf seiner Schulter zitterte leicht. Es war so wunderbar, ihn zu berühren. "Der Tanz ist noch nicht zu Ende. Außerdem..." Jetzt pochte mein Herz wie ein Vorschlaghammer und nahm mir den Atem. Jetzt oder nie! "Ich muss Ihnen etwas gestehen."
Mich traf sein erstaunter Blick. "Haben Sie vergessen, die Bürotür abzuschließen?"
"Nein, nein, das vergesse ich nie. Es ist... also... wir kennen uns doch schon so lange, Sie sind immer so nett zu mir." Ich stockte. "Was erzähle ich denn für einen Unsinn?"
Er hob ein wenig verwundert die Augenbrauen. "Geht es um eine Gehaltserhöhung?"
Ich schluckte. Sollte ich ihm gestehen, dass ich darunter litt, dass mich niemand richtig wahrnahm? Aber eigentlich wollte ich auch nicht wahrgenommen werden. Außer von ihm.
"Oh, nein, nein! Keineswegs! Ich arbeite sehr gern für Sie. Es macht mir viel Freude, für Sie immer da zu sein. Diese Nähe verbindet, verstehen Sie?"
"Nein."
Ich nahm allen Mut zusammen. "Also, ich muss Ihnen gestehen, ich... ich habe mich in Sie verliebt."
Ruckartig blieb Hubertus von Kant stehen. Ich strauchelte, musste mich an ihm festhalten. Diese verdammten Pumps, damit konnte man weder laufen noch tanzen!
"So eine Frau wie die Lorena passt doch nicht zu Ihnen. Sie sind so korrekt und seriös, ich habe Sie immer geachtet, und nun gibt es diese Gerüchte. Ich glaube aber, die wollen Ihnen nur schaden und es stimmt alles gar nicht. Ich jedenfalls glaube das nicht und möchte Sie vor diesen Verleumdungen schützen." Es sprudelte aus mir heraus, ohne dass ich es stoppen konnte.
Mit sanftem Druck schob er mich von sich weg. "Frau Klose, ich glaube, Sie sind betrunken. Sie sollten nach Hause gehen."
Ich ließ seine Hand nicht los. "Herr von Kant, ich meine es sehr ernst. Glauben Sie mir, so ein Geständnis fällt mir nicht leicht. Aber Sie sollten wissen, was ich Ihnen gegenüber fühle. Ich bin übrigens auch adlig, falls das für Sie ein Hinderungsgrund sein sollte."
"Was reden Sie da für einen Unsinn!" Er schüttelte meine Hand ab. Sein Gesicht hatte sich gerötet, was man sogar unter seiner zarten Bräune erkennen konnte. Seine Augenbrauen zogen sich zusammen, so dass zwischen ihnen eine steile Unmutsfalte entstand. "Machen Sie sich nicht lächerlich! Wie kommen Sie nur auf die verrückte Idee? Vielleicht denken Sie noch, ich könnte mich in Sie..." Er schnaufte. "Lächerlich", wiederholte er, dann ließ er mich mitten auf der Tanzfläche stehen. Mit großen Schritten stürmte er davon, als hätte ich eine ansteckende Krankheit.
Die letzten Worte hatte er laut gesprochen. Die Tanzpaare in der Nähe blieben stehen. Auch die Stresemann war plötzlich da, obwohl sie gar nicht getanzt hatte.
"Was ist denn los?", wollte sie wissen. Die pure Sensationsgier stand in ihren Augen.
Ein dicker Kloß steckte in meinem Hals und erstickte meine Stimme. Alles verschwamm vor meinen Augen. Nur nicht heulen! Peter Jähnig schlug peinlich berührt die Augen nieder, seine Frau kniff die Lippen zusammen und bedachte mich mit einem abwertenden Blick. Alle schienen mich anzustarren, mit dem Finger auf mich zu zeigen, Getuschel, Kichern, Raunen übertönte die Musik. Um mich drehte sich alles, doch jetzt nicht vor lauter Glück.
Ein Loch, ein Königreich für ein Mauseloch, in das ich versinken konnte! Doch es fand sich kein Loch, in das ich gepasst hätte. Ich stand in einem Fettnäpfchen, groß wie eine Elefantenfalle.


 
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